Die Diskrepanzen der Omnipräsenz. Ein wackeliges Gestell. Gedankenstränge, Synapsen heizen sich an der Hinterfrage auf. Meine Nasenspitze reckt sich zum Himmel und legt das immer währende Zerteilen der Atome lahm. Zu oft fokussiert auf meine Ebene. Jedes Mal überrascht von der Existenz des Ganzen. Jenes kupplige, unendlich weite, verschiedenfarbige Etwas über unseren Köpfen, legt mir jede Antwort auf die Hand. Lockert die Maschen, ohne groß zu argumentieren. So klar wie das Blau über uns, so beständig, wie die Sternkonstellationen, sind die meisten Lösungen. Wann hat verkrampftes Denken, ein zermatertes Gehirn je zum Ziel geführt. Lass verdammt nochmal los. Gedankenverloren schreibt ein Freund mit dem Kugelschreiber auf seine Haut. „Platz ist nicht unendlich.“
janevanraudi
da wo mein gedächtnis ans vermächtnis grenzt
Anna sagt, dass für die meisten Berliner kein Glück ohne melancholischen Unterton existiert. Das Blau schneidet sich am Plattenbau. Manchmal erglühen die großen Fenster in den obersten Stockwerken. Goldene Reflektionen der statisch, wuchtigen Prismen. Im Winde steht kurz alles still. Der Feinstaub kriecht in meine Bronchien. Etwas kribbelt. Auf die Geräusche legt sich eine Decke, während ich nicht entscheiden kann, nicht entscheiden will, ob sich die Größe Vollkommen oder einsam anfühlt. Die Vibration, die Schnelligkeit – ein graues Gefühl von Zuhause, welches wir mit Lichterketten verzieren und uns verlieren. Bei vollem Bewusstsein. Im Wahnsinn. So sehr daran gewöhnt, dass die Präsenz des Elends eine Präsenz von Schönheit nicht ausschließt. Es ist selbstverständlich. Alltag. Unsere Leben kommen nicht ohne Dramen aus. Sie schreien „Berlin du lässt mich nicht los“ und ich denke daran, wie oft ich aus diesem Wahnsinn flüchtete und doch immer wieder zurückkehrte. Der graue, mit Kaugummi und Glitzer gesäumte Boden ebnet meine Wege und saugt die Erinnerungen übermüdeter Gliedmaßen in sich auf. Die Sonne spiegelt sich golden. Ein schwerwiegender, tröstender Puls. Egal wie oft ich es trenne, eine andere Geborgenheit anteste. Die Rückkehr liegt immerwährend auf der Hand. Berlin. Du vereinst Hass und Liebe. Ich adaptiere es in mein Wesen und bin darüber nicht allzu verwundert. Zuhause ist bisweilen nur das, was man am besten kennt.
Scheiße. Anna hat Recht.
TROTZDEM
Alte Muster.
Wie sehr ich es liebe in euch zurückzufallen. Manchmal habe ich das Gefühl, immer wieder neu anfangen zu müssen. Das stimmt natürlich nicht. Rückblickend gehe ich nun viel gesünder mit destruktiven Gedanken oder Verhaltensweisen um. Trotzdem lösen erneut aufkeimende Selbstzweifel oder Angstzustände eine Hilflosigkeit aus, der ich zunächst nur mit Hilflosigkeit begegnen kann. Aus Hilflosigkeit wird Leere, aus Leere Taubheit und das alles könnte sich in einen weiteren Teufelkreis hineinsteigern. Ja – könnte. Darin liegt die Essenz des Wendepunkts. Anscheinend ist das einzige Mittel gegen jene Hilflosigleit sie immer wieder zu durchbrechen. Immer wieder einen Realitätsabgleich durchzuführen, wenn die Angst vor was auch immer zurückkommt. Immer wieder tief durchatmen. Immer wieder aufstehen, wenn Leere und der Glaube an die Sinnlosigkeit sich wieder in meine Adern frisst und sich mit meiner lebensbejahenden Existenz streiten will. Vielleicht hab ich genau das gelernt. Aufstehen, akzeptieren und weiter machen. Bis ich die neue Welle des puren Glücks wieder mitnehmen kann. Ich entscheide mich immer wieder aufs Neue für mein Leben. Ein Beispiel um dies zu verdeutlichen: ich habe Epilepsie und könnte deshalb Angst vor vielen Dingen haben. Schwimmen zum Beispiel. Doch selbst wenn ein Unfall passieren sollte – ganz ehrlich, ich habe lieber ein kurzes Leben in welchem ich so oft wie nur möglich den Sprung ins wundervolle Meer wagte, als ein langes dass ich vor lauter Angst nie in all seiner Vollkommenheit führen würde. So sehe ich das und diese Einstellung versuche ich auf alles anzuwenden und meistens gelingt das mittlerweile auch. Bei manchen Dingen ist es weiterhin ein Prozess. Das zu akzeptieren ist schwer. Vor allem weil ein Prozess selten linear verläuft. Vor allem, wenn ich das Gefühl hatte, etwas hinter mir gelassen zu haben und es mich plötzlich wieder einholt. Wahrscheinlich ist einholen die falsche Wortwahl, denn es impliziert ein vorheriges weglaufen. Ich will vor nichts, dass aus mir entspringt weglaufen. Ich will im Urschleim ansetzen und es an die Hand nehmen.
Eins weiß ich – ich werde mich immer wieder für die selbsterwählte Form meines Lebens entscheiden. Vielleicht macht genau das meinen Weg aus und vielleicht ist dieser Weg mein immer währendes Ziel. Wie immer – ein rotziges TROTZDEM und nicht deswegen. Basta.
checkmate
Injustice
Everywhere.
Every. Where – did it start?
Insomnia is kicking through all the worries.
I am constantly thinking about my friends in the struggling country’s. Because someone is playing a game. Because someone created a team of civilians, people who never wanted to volunteer but became part of it overnight. When one action lead to another. One action lead to another beating of an innocent human being. It’s a battlefield. I followed the games through the news. Games of hunger. Games of weapons, blood, killing. I watched all the pain popping up on my screen. One after another. Action after action. Until I suddenly ended up removing the screen. Just by actually visiting a place where the struggle never ended. I made friends. Some of them became family. Brothers, sisters. Hospitality and kindness on a level I didn’t experience before. It continues in front of my eyes. Action after action until another innocent nature got executed. Bang – checkmate! Not a stranger on the screen anymore. I am back home watching the happenings. Back home in safety. So many privileges – some got so used to them, they are not even able to appreciate it anymore. Real empathy evolved. Action after action. I. AM. SCARED. Got even more sensitive for all the happenings of injustice and I feel helpless. Because I see all the resistance but in the end it’s still the game and I scream for Palestine, Gaza, Syria, Yemen and all the other places full of beautiful kind human beings. Families, children, sisters, brothers. Action after action my screams end up against a wall and the only thing that’s left are my words. Words of hope. Words of resistance. I am so angry. They say it’s a bad thing but I believe if there is oppression, injustice, hunger, occupation, blood, guns – anger can be used as a source of power. Such as love and I am angry for the people I love so much. Action after action. I scratch up all my love, empathy and tears. I carry the stories in my heart and continue to scream. Because in the end it’s all l can do. It’s all I have. Action after action. My words. Words of anger, words of love. They are going to resist to exist until the very end of the game. One day. Checkmate!
magenta
Fluchend kramte ich in meinen Manteltaschen. Wenigstens war es kalt genug. Russenpeitsche vom feinsten. Wenn die Luft so eisig ist, dass sich jeder Atemzug wie ein sauberer Schnitt durch die Luftröhre zum Zwerchfell anfühlt. Ich habe dass Gefühl dann besser danken zu können. Nur meine Hände wehrten sich, schwollen an, wurden trocken und rissig und färbten sich Magenta. Magenta. Meine tauben Finger fanden etwas in der hinterletzten Ecke meiner linken Manteltasche. Lange vergessen, vielleicht auch verdrängt, lag dort der Beweis einer vergangenen Koexistenz auf meiner Hand. Ich erinnerte mich an die schönsten Hände, die ich bis dato gesehen hatte, dass sie meine griffen, dass wir im Sonnenlicht tanzten. Ich erinnerte mich an einen knallbunten Kaugummiautomaten, der mit seinen quietschenden Farben unser übertriebenes Gefühlskonfetti unterstrich. Die schönen Hände drehten am Knauf und schenkten mir einen Ring mit magenta Plastikherzen. Magenta – mein Fixpunkt änderte sich. Von meiner Hand schaute ich zu dem Geländer an dem wenige Fahrräder angeschlossen waren. Darunter ein altes, magentafarbenes Damenrad. Die Farbe blätterte etwas ab, wie auf den Herzen meines Rings. Ich seufzte und legte den Plastikring auf den Sattel. Dieser Gegenstand mochte für mich nur eine vergorene Erinnerung an die Endlichkeit sein. Doch in Zeiten des Graus schien es mir passend knallige, magentafarbene Plastikherzen einzugliedern. Ein Fremder. Ein magentafarbenes Fahrrad und die eisig, graue Mattscheibe. Wir treffen uns in der Mitte meiner Lemniskate um einen Schatz zu bergen. Ich zeichne sie in den Schnee.
Am nächsten Tag steht das Fahrrad nicht mehr an der Station und ich trage die Gewissheit in mir, dass die kleinen Plastikherzen jemandem das eisige Herz erwärmten.
Bruchstücke der schönen Tage
Ein Spaziergang durch den Schnee. Wir laufen ineinander verhakt. Eine Geborgenheit, die nur uns gehört. Mittig liegend in der von uns gebildeten Lemniskate. Treten auf Glitzern, Knirschen, Weiß. Eisig. So eisig, dass meine Zehen taub sind – ich das Gefühl habe, die Poren meiner Nase sind erfroren. Gefroren. Aufgetaut. Neugeboren.
Mein Blick ist aufmerksam geworden. Für die kleinen Dinge. Jene, die sich so offensichtlich in unserer Sicht präsentieren und doch so oft verschleiert blieben. Mein müder Kopf legt sich nieder. In ihre Schatten und in ihren Schimmer. Meine Hände versuchen es zu greifen. In die Wärme, die Farben, den Staub in der Schwebe.
Dein Körper. Ins Sonnenlicht getaucht. In den Laken schmiegt sich alles aneinander. Es ist ein Fluss. So geschmeidig, wie das Wort. Ich möchte diesen Moment in meinen Synapsen konservieren. Diese reine Schönheit des Selbstverständnis in meine Denkmuster integrieren. Das Dunkle mit noch mehr Beweisen, widerlegen.
Auch wenn sich das Eis durch alle Schichten beißt, meine ich mit jedem Tag mehr und mehr die Tage des Frühlings zu erahnen. Vielleicht ist es auch mein inneres, kindliches Strahlen. Ehrlich. Ich bin ganz aufgeregt und kann das Kommende kaum erwarten. Geht das – Leichtsinn und ausgeglichene Ruhe in einem?
Vielleicht. Anscheinend.
Blaue Flecken
Ich zeichne mit der Klinge
Kreuz um Kreuz auf deine Stirn
während ich mich leise singe
in dein schwammiges Gehirn
Blut läuft über dein Gesicht
es strömt in warmen Linien
und als wäre es ein Schwergewicht
erlöst ’s mein graziles Siegen
Du prägst dir ein mein Dogma
du hinterfragst nicht, du folgst
ich schenke dir mein Stigma
während du vor Freude lallst.
Über die hypnotisierte Verstörung
wird dir der Kruzifix entrissen
du lächelst nur debil mit Schwung
und verdrängst absentes Wissen
Ausgetauscht wurde nun dein Deus
umgepolt haben wir deinen Sinn
siehst nun in mir deinen heiligen Klerus
konstant betend mein Gespinn
Nun ziehe ich an den Fäden
augenblicklich folgt die Tat
demaskiere deine Schäden
und zerstöre deine Sat
19-07-15 – ©Jane van Raudi
die Zeitkapsel im Paradies
Mein Dasein, mein Kosmos, meine Blase.
All das gewinnt und verliert an diesem Ort zu viel Bedeutung
– gleichzeitig.
Hier ist alles und nichts.
Ich tanze durch den Sand in Lemniskaten und lasse mich von den Wellen an Land spülen, wie ein kleines Kind. Über mir kommt ein Stern nach dem anderen zum Vorschein. Ich fühle mich so vollkommen, wie unsicher. Dieser Ort ist Gegensatz. In Schönheit und Abgeschiedenheit liegt viel zu viel Raum für das eigene Dasein. Das Meer ist schonungslos und rührt am Unterbewusstsein. Selten benutzte Saiten deren Schall viel zu viel Staub aufwirbelt. Die sengende Sonne brennt jegliche Gedanken aus und gleichzeitig ergötzt sie sich an meiner qualvollen Gehirnschmelze. Doch es ist wie Glas. Man kann jegliches schmelzen in Vollkommenheit verwandeln.
Mit Grund und Boden und einem Sinn und Verstand.
Espalk
Ich laufe die Wege von damals. All jene die ich damals in unendlichen Runden lief. Die ich lief, um das immer währende Summen meines Gehirns aushalten zu können, um die stetige Unruhe meines Daseins ohne Boden irgendwie kanalisieren zu können. Damals. Rann mir der Schweiß über die Haut und die Schwere der ersten Sommernächte ließ mich nicht schlafen. Heute ist der See vereist. Meine Wangen gerötet. Meine Hände taub und geschwollen. Ich laufe den ganzen Weg und es fühlt sich ewig an. Ein schwerer Blumenstrauß in meinen Armen. Doch es ist wichtig, richtig und nötig. Dies ist die Beendigung einer Runde, die ich vor neun Monaten begann. Ein Abschließen welches sich vor dem Backsteingebäude mit der schönen Parkanlage auftut. Ich laufe genau so zielorientiert wie damals. Die kahlen Bäume, welche damals vom Flieder bedeckt waren. Die Raucherecke in der man seinen Schmerz kurzweilig zuteeren konnte und schließlich, als ich eintrete, der klinische Geruch. Laufe. Die Treppen, die ich damals in überkurzen Hosen heruntergesprungen bin. Ich erinnere mich an mein Fühlen damals. Die raue See in der ich überleben wollte, musste. Und jetzt? Die See ist ruhig. Hin und wieder eine Welle. Doch der Schmerz ist verschwunden irgendwo hat er sich nach der Heilung in meiner Tiefsee niedergelegt. Die Menschen sagen mir, dass ich so gesättig wirke. In mir ruhend. Der Wellengang fand eine Basis. Die Basis in mir selbst, die mich so verlässlich auffangen kann. Ein Rhytmus. Damals. Wie ich mit zitternden Beinen in die Notaufnahme schritt. Nur ein Wunsch, endlich wieder Kraft zu haben. Daran denkend würde ich dieses angsterfüllte Mädchen gern umarmen. Diese sehnende Sucht, die ich in mir trug. Nach etwas Starkem. Nach jemandem, der für mich stark war. Doch ich fand die Stärke und zwar in mir selbst.
Ich gebe die Blumen der Schwester. Sie erkennt mich. Danke. Die Runde ist beendet, doch ich werde sie immer in mir tragen. Der Beweis, den ich damals gern gehabt hätte. Ein Beweis, dass sich jeder Kampf lohnt. Jede einzelne Runde.
Ich hab nur das eine Leben. Ein Leben welches ich wählte weiterzuführen. Das ich ohne Angst führen möchte. Das etwas bedeuten soll. Für das ich dankbar bin. Meins.
wenn du lebst
Irgendwas ist aufgeplatzt im Strahlen der Szenerie
und am Ende stand ich weder oben noch unten gleichzeitig
balancierte auf rechts und links
ich wartete auf ein letztlich gesagtes cherie
im Rausch meiner Misanthropie
gekoppelt mit dem Augenaufschlag der Sphinx
die Klarheit im Eremitendasein
sich selbst anschrein
und darin alles vereinen
und wenn es noch einmal in tausend Stücke zerbarst
blickte ich nach oben und sah die Stücke sich in Sternbilder eingliedern
vergaß dass unter meinen Füßen ein Scherbenhaufen lag
denn die Gewissheit liegt in der Präsenz
dass ich aufsammeln und danach greifen werde
nur um schlussendlich ein Bild zu haben
ein Bild im stetigen Wandel mit derselben Grundessenz
Rastlosigkeit und Hoffnung
in der Tiefe meines Spiegels verzeichnet
in dem Riss
dem Sprung
dem Sein